My new article (in German) on private sector climate finance and Turkey has been published by Konrad Adenauer Stiftung Foundation / Mein neuer Kurzartikel wurde von Konrad Adenauer Stiftung veröffentlicht. Finden sie es hier oder lesen sie unten.
KLIMAREPORT 2017
PRIVATSEKTOR UND KLIMAFINANZIERUNG IN DEN G20-STAATEN
ÜBER DEN REPORT
Die G20-Staaten stehen für rund zwei Drittel der globalen Bevölkerung sowie für mehr als drei Viertel der Wirtschaftsleistung, des Handels und des CO2-Ausstoßes. Als eine zentrale Zukunftsfrage steht der Klimawandel auf der G20-Agenda, auch als wirtschafts- und nanzpolitische Herausforderung. Denn das Erreichen der Pariser Klimaschutzziele erfordert entsprechende Investitionen des Privatsektors. Antworten auf die Frage, welche Bedeutung der Privatsektor für die Klimananzierung in den G20-Staaten hat, liefert unser aktueller Klimareport, mit dem wir diese Serie nach 2007, 2011 und 2014 fortsetzen.
TÜRKEI
Die klimapolitische Entwicklung in der Türkei folgt in vielerlei Hinsicht internationalen Trends. Besonderen Anteil daran hat der Privatsektor. Dieser wird zwar gegenwärtig noch maßgeblich durch internationale Finanzierungsquellen gestützt. Doch auch öffentliche Institutionen in der Türkei haben in Zusammenarbeit mit privaten Akteuren damit begonnen, verstärkt klimafreundliche Gesetzgebungen und Anreizsysteme zu erarbeiten, um Finanzierungsgrundlagen für die Umwandlung in eine CO2-arme Wirtschaft zu schaffen.
PROBLEME DER KLIMAFINANZIERUNG
Das Pariser Abkommen deutet global auf einen schnellen Übergang in Richtung CO2-armer Volkswirtschaften hin. Um diese schnelle und strukturelle Transformation zu gewährleisten, erfordert es dringende politische Maßnahmen, Programme oder Projekte zur Verringerung der Treibhausgasemissionen und der Anpassung an die negativen Auswirkungen des Klimawandels. Diese Maßnahmen und Aktionen aus internationalen, nationalen, lokalen, öffentlichen und privaten Quellen nanzierte Förderung kann man unter dem Begriff der Klima nanzierung zusammen- fassen. Im Detail betrachtet, scheint es, dass die Ressourcen der Klimaschutz nanzierung von ihrem eigentlichen Bedarf weit entfernt sind. Zum Beispiel stellt das Weltwirtschaftsforum fest, dass Infrastrukturinvestitionen, die in den Entwicklungsländern umgesetzt werden sollen, bis 2020 mit 5,7 Billionen US-Dollar jährlich nanziert werden müssten, damit sie „grün“ sind und dem Klimawandel standhalten können.
INTERNATIONALE KLIMAFINANZIERUNG UND PRIVATWIRTSCHAFTLICHE INITIATIVEN
Wie sieht es nun in der Türkei hinsichtlich des neuen Klimaregime aus und welchen Stand hat die Finanzierung des Privatsektors in der Türkei erreicht? Man kann sagen, dass die Türkei mit ihrer jeweils zwölf Jahre verspäteten Partnerschaft sowohl beim UNFCCC (2004) als auch dem Kyoto-Protokoll (2009) bis zur Zulassung des Pariser Abkommens eine Follow-up-Politik betrieben hat und es vermied – ausgehend von ihren Sonderbedingungen – Verantwortung zu übernehmen. Die Türkei als OECD-Gründungsmitglied, EU-Beitrittskandidat und G20-Wirtschaft, wurde am 24. Mai 2017 of ziell Vertragspartner des Pariser Abkommens, das als Rahmenwerk des globalen Kampfes gegen den Klimawandel dient. Der Antrag für den Erhalt von Klima nanzierungen der Türkei, die wegen ihrer gegenwärtigen Position nicht in der Lage ist, vom Green Climate Fund als wichtigstem Verteilungsmechanismus der Klima nanzarchitektur zu pro tieren, wird mit offenem Ende weiterverhandelt. Trotz dieser unklaren Position kann man sagen, dass die Entwicklung der Klimapolitik auf nationaler und lokaler Ebene in der Türkei Parallelen zu den internationalen Trends aufweist. Die jüngsten Arbeiten haben gezeigt, dass die Entwicklung der Klimaschutzgesetzgebung in der ganzen Welt rasant voran- gegangen ist, vor allem nach 2005. Infolge der in internationalen Verhandlungen entstandenen Dynamik, der legislativen Harmonisierungsbemühungen im EU-Beitrittsprozess und der von nichtstaatlichen Akteuren durchgeführten Aktivitäten gestaltet die Türkei ihre entsprechende Politik und ergreift Maßnahmen mit relativer Verzögerung, aber in einem ähnlichen Tempo, und bewertet verschiedene Optionen für die Entwicklung der Kapazitäten zur Umsetzung dieser Maßnahmen.
Die Türkei pro tiert bereits im Zuge der Klimastrategie und -maßnahmen von ihren eigenen öffentlichen Mitteln sowie vielen verschiedenen Quellen der Klima nanzierung. Die Türkei ist ein Land mit Zugang zu einer breiten Palette an Finanzierungsquellen, vor allem zu EU-Strukturfonds, bilateralen und multilateralen Fonds von Entwicklungsbanken, zur globalen Umweltfazilität (GEF) und zum Klimainvestitionsfonds (CIF). Auch der Handel mit CO2-Emissionszerti katen kann für die Türkei, die sich in erheblichem Maß an den freiwilligen CO2-Märkten beteiligt, als Klima nanzierung des Privatsektors betrachtet werden. Es wird geschätzt, dass auf freiwilligen CO2-Märkten des Privatsektors in der Türkei allein im Jahr 2015 mehr als vier Millionen US-Dollar Einkommen erzielt wurde. Für 2014 dürfte die klimapolitische Entwicklungs nanzierung für die Türkei 2,4 Milliarden US-Dollar überschritten haben. Die Türkei hat 301 Millionen US-Dollar an Finanzierungen für 55 Projekte über den GEF erhalten und rund 1,2 Milliarden US-Dollar an dazu gehörigen Co-Finanzierungen geschaffen. Die Summe der im Rahmen des CIF erhaltenen Unterstützung betrug etwa 449 Millionen US-Dollar und etwa 4,5 Milliarden US-Dollar Co-Finanzierung wurden zu diesen Finanzierungen geschaffen. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) förderte in der Türkei 230 Projekte mit rund 9,5 Milliarden Euro, davon 97 Prozent Privatunternehmen. Diese Förderung wurde in großem Maß in erneuerbare Energien, Energie- und Ressourcenef zienz, nachhaltige Infrastruktur sowie die Reform des Energiesektors investiert. Mechanismen wie das türkische Finanzierungsprogramm für nachhaltige Energiewirtschaft (TurSEFF) und das mittelständige Finanzierungsprogramm für nachhaltige Energiewirtschaft (MidSEFF), haben erhebliche Finanzierungsquellen zur Unterstützung des Klimaschutzes des Privatsektors geschaffen. Durch sie wurden Anreize für private Akteure sowie die Kapazitäten der geldgebenden Institutionen erhöht.
GRÜNE ANLEIHEN
Parallel zu den internationalen Entwicklungen wird auch in der Türkei die schnelle Entwicklung unterschiedlicher Klimaschutz nanzierungsinstrumente beobachtet. Das Interesse an Green Bonds, bei denen es sich um Wertpapiere handelt, die auf internationalen Anleihemärkten zur Verwendung bei der Finanzierung des Übergangs zur CO2-armen Wirtschaft eingesetzt werden, hat zugenommen und die erste grüne Anleihe der Türkei mit 300 Millionen US-Dollar wurde herausgegeben. Es wurden einige kritische Schritte unternommen, um die Grundlage für die Übertragung der Privatsektor nanzierung zu Klimaschutzmaßnahmen zu schaffen. Öffentliche Institutionen evaluieren Optionen für unterschiedliche marktbasierte Mechanismen wie den CO2-Handel in Zusammenarbeit mit dem Privatsektor und arbeiten die notwendigen Rechtsvorschriften aus. Die Istanbuler Börse (BIST) begann ab 2014 den ISE Nach- haltigkeitsindex zu berechnen und zu veröffentlichen; um den Finanzierungsbedarf für die Umwandlung in eine CO2-arme Wirtschaft zu bestimmen, wurde Privatsektor und Investoren eine wichtige Indikatorinfrastruktur zur Verfügung gestellt.
Die Untersuchung des beabsichtigten nationalen Beitrags der Türkei im Rahmen des Pariser Abkommens in den Klimaverhandlungen, zeigt, dass die Grundwahrnehmung bezüglich der Klima nanzierung auf öffentliche Mittel sowie auf den Green Climate Fund und auf marktbasierte Mechanismen beschränkt ist. Die Wahrnehmung des Privatsektors in der Türkei geht jedoch über diese Perspektive hinaus. Die Feststellung, dass insbesondere Finanzierungs- und Versicherungsinstitute die Klima nanzierung in einem größeren Rahmen wahrnehmen, erscheint angesichts der verwirklichten Aktivitäten und Debatten als zutreffend. Wesentliche De zite bei der Klima nanzierung in den umgesetzten Projekten und Programmen sind der Mangel an Finanzierungsquellen sowie Unsicherheiten und Unzulänglichkeiten in der Gesetzgebung, begrenzte Kapazitäten der Akteure und die Probleme bei der Findung von nanzierenden Projektpipelines. Es ist eine wiederholte Feststellung der Finanzierungsakteure in vielen Teilen der Welt wie auch in der Türkei, dass Finanzmittel allein selten eine ausreichende Voraussetzung sind.
AUSBLICK
Zwar gibt es keinen Konsens über die De nition der Klima nan- zierung des Privatsektors in der Türkei, doch wird die benötigte Finanzierung der erforderlichen Maßnahmen für den Übergang zu einer CO2-armen Wirtschaft und nachhaltigen Entwicklung über verschiedene Kanäle wie CO2-Preisgestaltung, -Handelssysteme, Förderung der erneuerbaren Energien, grüne Anleihen, Investmentfonds, Bankdarlehen und Zuschüsse teilweise bereitgestellt oder in naher Zukunft bereitstellbar sein. Angesichts dieser Entwicklungen kann davon ausgegangen werden, dass das durch das Pariser Abkommen neu gestaltete Klimaregime starke Signale an internationale Investoren und Finanzierungsinstitute senden wird und sich die Möglichkeiten für die Finanzierung des Privatsektors in der Türkei erhöhen, vermehren und weit verbreiten werden. Die Rolle der öffentlichen Akteure in der Türkei in diesem Prozess ist die Entwicklung klimafreundlicher Rechtsvorschriften und Anreizsysteme in Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Akteuren. Der Privatsektor, speziell die Finanz- institutionen sollten die Klimaschutzinstrumente diversi zieren, Kapazitäten für ihre effektive Nutzung entwickeln und durch eine transparente Bewertung von Klimarisiken in Investitionen und Portfolios wissenschaftlich fundierte Schritte unternehmen.
Arif Cem Gündoğan ist Wissenschaftler an der Middle East Technical University in Ankara.
WEITERFÜHRENDE LITERATUR
■ Climate Bonds Initiative 2016: Bonds and Climate Change: The State of the Market in 2016, in: http://bit.ly/2tm7von [12.07.2017].
■ Climate Policy Initiative 2015: Global Landscape of Climate Finance 2015, in: http://bit.ly/2tMY150 [12.07.2017].
■ Hamrick, Kelley / Goldstein, Allie 2016: Raising Ambition. State of the Voluntary Carbon Markets 2016, Forest Trends’ Ecosystem Marketplace, in: http://bit.ly/2uPrVKZ [12.07.2017].
■ Nachmany, Michal / Fankhauser, Sam / Setzer, Joana / Averchenkova, Alina 2017: Global trends in climate change legislation and litigation: 2017 update, Grantham Research Institute on Climate Change and the Environment, in: http://bit.ly/2uPXrs9 [21.07.2017].
■ Turhan, Ethemcan / Cerit Mazlum, Semra / Şahin, Ümit / Şorman, Alevgül H./Gündoğan, Arif Cem 2016: Beyond Special Circumstances: Climate Change Policy in Turkey 1992–2015, Wiley Interdisciplinary Reviews: Climate Change, Bd. 7, Nr. 3, DOI 10.1002/wcc.390, in: http://bit.ly/2tN4kp7 [12.07.2017].
■ UN 2015: Trends in Private Sector Climate Finance, United Nations, in: http://bit.ly/2uPtU1T [12.07.2017].
■ Weltwirtschaftsforum 2013: The Green Investment Report: The ways and means to unlock private nance for green growth, in: http://bit.ly/2twsGZb [12.07.2017].